Wo ist Gott? Wo können wir ihn erfahren? Ist er in unserer Welt wirksam? Warum greift er nicht ein, wenn Menschen sich bekämpfen, wenn großes Unrecht geschieht? Wenn Naturkatastrophen menschliche Existenzen vernichten? Wenn Krankheiten Menschen unfähig machen, menschenwürdig zu leben? Wo ist Gott in meinem Leben? Spüre ich seine Anwesenheit, sein Wirken?
Das sind uralte Fragen, die immer wieder auftauchen und mit denen Menschen immer wieder ringen müssen. Das hängt mit unseren Vorstellungen von Gott zusammen. Lange Zeit war Gott eine Art Lückenbüßer: Wo Dinge geschahen, für die wir keine Erklärung hatten, wo also Lücken in unserem Wissen waren, wurden sie sozusagen mit Gott gestopft die: z.B. Blitz, Donner, Gewitter. Naturkatastrophen, Epidemien wurden sogar als eine Strafe Gottes interpretiert. Die Wissenschaft aber konnte immer mehr die natürlichen Ursachen für diese Dinge entdecken und erklären, die natürlichen Gesetzmäßigkeiten. Das war also nicht Gott. So geriet Gott immer mehr auf den Hintergrund. Die Menschen hatten immer weniger das Gefühl, dass Gott aktiv ist.
Heute haben wir eine andere Vorstellung von Gott. Gott greift nicht direkt in die natürlichen Gesetze, die er selbst bestimmt hat, ein. Er setzt sie nicht außer Kraft. Das würde nur Chaos in der Welt verursachen. Aber Gott ist trotzdem wirksam, greift in unser Leben ein - sei es auf eine andere, weniger spektakuläre Weise. Das sagen z.B. die beiden heutigen biblischen Lesungen in einer reichen Bildsprache.
In der ersten Lesung sagt der Prophet Jesaja, dass das Sprechen Gottes zu vergleichen ist mit Regen oder Schnee die vom Himmel fallen. Sie kehren nicht wieder dorthin zurück, ohne dass sie etwas bewirken: Sie durchfeuchten die Erde und machen sie fruchtbar, sodass sie Korn für das tägliche Brot hervorbringt und Saatgut für eine neue Ernte. „Genauso bewirkt Gottes Wort etwas“, sagt der Prophet.
Jesus sagt etwas Ähnliches: Gott streut sein Wort aus wie ein Bauer den Samen. Nicht jedes Korn keimt und bringt Frucht. Wir überhören viele Worte der Bibel, in denen Gott spricht. Trotzdem geschieht es immer wieder, dass wir Worte, die wir schon so oft gehört haben, uns plötzlich innerlich berühren, ergreifen, ins uns etwas bewirken, ja uns innerlich verändern. Gott spricht durch die Worte der Bibel, durch die Schönheit der Natur, durch ein gutes Buch, durch die Worte und die Lebensweise von Jesus, durch andere Menschen, die uns über ihre Glaubenserfahrungen erzählen... So wirkt Gott in unserem Leben, kann hier etwas bewirken.
Oft fallen seine Wort bei uns auf harten Boden, können nicht in uns eindringen. Wir sind ‚hartherzig’, wir verschließen unser Herz.
Oft sind wir nur mit den Sorgen des Alltags beschäftigt oder mit vielen anderen Dingen, die uns so wichtig erscheinen, dass wir für Gottes Wort keine Zeit und kein Interesse haben. Es sind Dornen, die die Samenkörner ersticken.
Wenn Gottes Worte aber bei mir auf guten Boden fallen, wenn ich für sie offen bin, wenn sie mich betroffen machen, mein Herz berühren, dann können sie Wunder wirken. Sie machen aus mir einen anderen Menschen, der aus der Tiefe lebt: aus einer Glaubens- und Gottesbeziehung, die sich über viele Schwierigkeiten und Enttäuschungen hinwegsetzt. Gott kann dann sogar - durch mich - wirken, handeln, andere trösten, stärken, heilen, anderen Hoffnung machen. Es entsteht eine wirkliche Glaubensgemeinschaft, ein Stückchen Reich Gottes. Hier und dort geht die Saat auf und bringt Frucht, dreißig-, sechzig-, hundertfach.
Das Gleichnis, das Jesus uns hier erzählt, ist ein Gleichnis wider die Resignation. Es ist eine Aufforderung an uns, auf Gott zu hören und danach zu handeln. Dann wird unsere kleine Welt ein Stückchen besser und schöner. Dort entsteht mehr Leben. Gott bewirkt etwas - in und durch uns.